Foto E. Schroeer- Kodak Instamatic, 1974
Die Partnerschaft zwischen der Gerhart-Hauptmann-Realschule und Crawley
Die Freundschaft zwischen der Gerhart-Hauptmann-Realschule und der englischen Stadt Crawley ist ein Teil der größeren Partnerschaft zwischen Dorsten und Crawley, die am 15. Oktober 1973 feierlich besiegelt wurde. Doch wie kam es eigentlich zu dieser Verbindung?
Die Entstehung der Partnerschaft Dorsten-Crawley
Schon länger war eine Städtepartnerschaft im Gespräch, wie mein Vater, Mitglied der SPD-Ratsfraktion und des Schulausschusses, damals berichtete. Leider verstarb er im Januar 1971. Sein Freund und Parteikollege Hans Fabian, verantwortlich für diese Idee, führte das Vorhaben weiter und wurde ein großer Unterstützer. Im Dezember 1971 regten Ratsmitglieder der Stadt Dorsten offiziell an, eine Partnerschaft mit einer ähnlich großen angelsächsischen Stadt einzugehen. Bereits einen Tag nach dem Beschluss des Hauptausschusses erhielt Dorsten die Mitteilung, dass Crawley eine deutsche Partnerstadt suchte.
Nach gegenseitigen Besuchen von Delegationen aus beiden Städten wurde die Partnerschaft am 15. Oktober 1973 im Rathaus Dorsten offiziell mit der Unterzeichnung der Urkunden besiegelt. Zeitgleich wurde der Freundeskreis Crawley e.V. als Pendant zur Town Twinning Association in Crawley gegründet, mit dem Ziel, Begegnungen zwischen den Einwohnern der beiden Städte zu fördern – besonders zwischen Jugendlichen über Sport, Kultur oder Schulaustausch.
Bis zu seinem Tod im Jahr 2004 war Hans Fabian eine zentrale Figur der Partnerschaft. In einer Nachricht der Crawley Town Twinning Association wurde er gewürdigt: „Hans Fabian war ein langjähriges Mitglied des Dorstener Stadtrats und des Partnerschaftskomitees. Er war unter den ersten Delegationen, die Crawley besuchten, und kehrte viele Male zurück – offiziell und privat. Seine großartige Stimme begeisterte viele Menschen in Crawley.“
Erste Schritte der Schulpartnerschaft
Anfang 1974 berichtete Hans Fabian, damals Vorsitzender des Freundeskreises Crawley, dass erste Freundschaften zwischen Schulklassen aus Dorsten und Crawley geknüpft wurden. Diese sollten im folgenden Jahr durch Austauschbesuche vertieft werden.
Im März 1974 besuchten 39 Schüler und drei Lehrer der Thomas-Bennett-School aus Crawley Dorsten. Dabei nahmen sie zwei Tage am Unterricht der Gerhart-Hauptmann-Realschule teil. Die englischen Schüler waren in Privathaushalten untergebracht, um den Austausch zu intensivieren. Bereits im Juni 1974 reisten Schüler aus Dorsten zum Gegenbesuch nach Crawley. Insgesamt nahmen vier Klassen an dem Austausch teil.
Im Jahr 1974 wurde das Thomas Bennett Community College in Crawley einer bedeutenden Reorganisation unterzogen. Die Schule wurde zu einer Oberstufe für Schüler im Alter von 12 bis 18 Jahren umstrukturiert. Dies bedeutete, dass frühere Erstklässler ein zusätzliches Jahr in den Primarschulen verblieben.
Erste Austausch-Erfahrungen – Schüler der Thomas-Bennett-School besuchen die Gerhart-Hauptmann-Realschule für Jungen
Ein besonderer Aspekt des Austauschs waren die privaten Unterkünfte der Schüler. Bei mir wohnte Peter Leare, während sein Bruder Paul Leare bei Karl-Heinz Mast untergebracht war. Diese persönlichen Begegnungen legten den Grundstein für viele erste internationale Freundschaften und Bekannschaften.
Während ihres Aufenthalts unternahmen wir Ausflüge, unter anderem zum Schloss Lembeck und zur Stadtbesichtigung. Peter und ich entdeckten unsere gemeinsame Leidenschaft fürs Angeln, auch wenn wir nur mäßigen Erfolg hatten. Ein Highlight war der Besuch der Diskothek im Jugendheim St. Josef, einem damals beliebten Jugend-Szenentreffpunkt. Weitere Aktivitäten führten uns nach Wulfen, wo wir ebenfalls die Jugend-Diskothek besuchten. Die Diskotheken waren durchaus ein Highlight und unsere neuen englsichen Freunde waren ziemlich erstaunt, dass man sowohl Bier als auch Zigaretten mit 16 Jahren in Deutschland bekommt. Wie wir im nächsten Blog über den Gegenbesuch sehen werden ein Unding in England. Hinzu kam die Stärke des deutschen Bieres und die Trinktemperatur. Die Ergebnisse am anderen Tag war eine durchaus als Konzentrationsschwäche zu sehende geringere Aufmerksamkeit im Unterricht der nichtsahnenden Fr. Dickhöfer. Mit von der Partie auf unseren Disko Touren war natürlich unser näherer Freundeskreis, wie z.b. Alfred Lietz, sein Bruder Matthias, Norbert Bogatzki. Die Anziehungskraft der Engländer auf die Damenwelt war durchaus willkommen. Und noch etwas: der Tanzstil war völlig anders.
Die Verwunderung bei alltäglichen Dingen wie z.B. ein Brötchen mit Wurst oder Käse zu belegen oder mit Marmelade zu bestreichen. Und dann etwas was Direktor Kuon noch in einer kleinen Ansprache erwähnen sollte und fuer ein “yeah, true” und bei uns “ach soooo” in der Zuhörerschaft sorgte. Deutsche Betten. Tja die trivialen Dinge des Lebens. Der Unterschied bei Bettwäsche zwischen England und Deutschland liegt vor allem in der Art, wie die Betten gemacht werden und wie die Bettdecken genutzt werden. Das war für die Jungs kompliziert und ungewohnt.
Betrachten wir das mal aus der humoristisch wissenschaftlichen Sicht:
Verblüffung eines Engländers in Deutschland
Ein Besuch in Deutschland könnte für einen Engländer so manche Überraschung bereithalten – vor allem im Schlafzimmer!
Separate Bettdecken
„Was, jeder hat seine eigene Decke?!“ könnte der erste Gedanke eines Engländers sein. Während in England oft heldenhaft um eine gemeinsame Bettdecke gekämpft wird (wer zieht stärker?), herrscht in Deutschland Frieden: Jeder hat seine eigene Decke. Keine nächtlichen Schlachten, kein Deckenklau – nur deutsche Effizienz! Ob das bei diesem Besuch zutraf, kann ich nicht sagen und selbst wenn “what happens in Vegas stays in Vegas”.
Quadratische Kopfkissen
Deutsche Kissen sind nicht nur groß, sie sind auch quadratisch. Für Engländer, die kleinere, rechteckige Kissen gewohnt sind, wirkt das wie eine Einladung zu einem Kissenschlachtfinale in Übergröße.
Kein Top Sheet
Wo ist das Laken unter der Decke? In England ist das „Top Sheet“ ein fester Bestandteil des Betts – als zusätzliche Barriere zur Sauberkeit und manchmal auch als Mini-Sauna in heißen Nächten. In Deutschland hingegen gilt: Eine Bettdecke reicht. Minimalismus oder praktischer Pragmatismus? Entscheide selbst!
Bettdecken-Wechsel
Der deutsche Ansatz, die Bettdecke regelmäßig komplett in einen neuen Bezug zu stecken, wirkt auf Engländer wie ein unnötig komplizierter Fitnesskurs. In England wird oft nur das flache Laken gewaschen – das Duvet bleibt unberührt, fast wie ein Heiligtum.
Temperaturdebatten
Deutsche Bettdecken sind oft dicker und wärmer – ein potenzieller Schock für Engländer, die es gewohnt sind, mehrere Schichten anzulegen oder sogar in der „Frostschutz-Modus“-Schicht zu schlafen. Die Erkenntnis, das es saisonale Decken-Wechsel in Deutschland gibt (Wechsel zwischen Sommer- und Winterdecken) war ein Beleg für die deutsche Perfektion im Allgemeinen und in Schlaffragen im Besonderen.
Wie gesagt, Kuon hatte mit seinen Ausführungen die Lacher auf seiner Seite.
Zurück in die Schule. An zwei Tagen sollte völlig normaler Unterricht - allerdings alles in Englisch- sein.
Unsere Klassenlehrerin Frau Erika Dickhöfer war um den normalen Unterricht redlich bemüht. Bei einer nun fast doppelt so großen Gruppe testosterongesteuerter Jungen ein vergebliches Unterfangen. Während diejenigen, die von Anfang an in ihrer Klasse waren und etwa 1-2 Jahre jünger waren als diejenigen, die entweder in der 7. oder 9. Klasse eine “Ehrenrunde” drehten, brav folgten, war diese Gruppe doch sehr – sagen wir einmal – “kreativ”. Ich gebe zu, ich war in dieser Gruppe, aber nicht allein. Frau Dickhöfer war langjähriges Mitglied im Freundeskreis Crawley.
Zum Anbschied habe ich Peter mein (hellblaues) Shirt geschenkt. Der fand das Shirt ziemlich cool mit der Schnürung, war wahrscheinlich so in UK nicht zu bekommen. Auf dem Foto ganz gut zu sehen. Bei dem Gegenbesuch 3 Monate später trug er es auch einmal, war wohl also immer noch in.
Fazit
Die Partnerschaft zwischen der Gerhart-Hauptmann-Realschule und der Thomas-Bennett-School in Crawley war ein wichtiger Beitrag zur Förderung des europäischen Gedankens von Einheit und Freundschaft. Sie hat Schüler inspiriert und kulturelle Brücken geschaffen, die bis heute bestehen.
Mit Fotos und Erinnerungen wird dieser Beitrag die Geschichte und Bedeutung dieser Partnerschaft lebendig halten.
Im zweiten Teil des Blogs geht es dann um den Gegenbesuch.